Sachverständiger Dieter Sauerbier

Öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für das Bestattungsgewerbe

Bestattungskostenersatz durch Sozialhilfeträger trotz geerbten Wohnungseigentums

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Bayerisches Landessozialgericht nimmt Sozialbehörde in die Pflicht

In einem aktuell veröffentlichten Urteil hat das Bayerische Landessozialgericht entschieden, dass die beklagte Stadt als Sozialhilfeträger die Kosten eines Klägers für die Bestattung seiner verstorbenen Mutter zum Teil übernehmen muss. Der von der Verstorbenen ererbte Wohnungseigentumsanteil an einer 65 Quadratmeter großen Eigentumswohnung sei als geschontes Vermögen vom Kläger nicht einzusetzen.

Der Kläger ist Alleinerbe der Verstorbenen. Schon zuvor stand ihm ein Miteigentumsanteil an einer von ihm mit seiner Mutter bewohnten Wohnung zu. Infolge des Erbfalles erbte er nun die übrigen Miteigentumsanteile. Er verfügte als Empfänger von Arbeitslosengeld II ansonsten unstreitig über so wenig Einkommen und Vermögen, dass ihm die Kostentragung der Bestattung nach § 74 SGB XII ("Sozialbestattung") unzumutbar gewesen wäre. Doch das Sozialamt der beklagten Stadt war der Auffassung, dass der Kläger das Nachlassvermögen insgesamt und damit auch den Wohnungseigentumsanteil verwerten und für die Bestattung einsetzen müsse. Da der Eigentumsanteil an sich nicht zur Zahlung zu verwenden war, bot es ihm ein Darlehen an, welches durch eine Grundschuld abgesichert werden sollte.

Dies lehnte der Kläger jedoch ab. Das Landessozialgericht gab dem Kläger nun in zweiter Instanz Recht und sprach ihm eine Kostenerstattung durch die beklagte Stadt in Höhe von fast 900 Euro zu – entsprechend dem nicht aus dem übrigen Nachlass gedeckten Anteil an den Bestattungskosten.

Ererbtes Vermögen an sich sei zwar zu verwerten, einzelne Gegenstände aus einer Erbschaft könnten aber doch zu verschonen sein, wie zum Beispiel gerade ein nach § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII bzw. § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 SGB II privilegiertes Hausgrundstück oder eine entsprechende Eigentumswohnung. Soweit solche Gegenstände vorhanden seien, handele es sich nämlich nicht um "bereite Mittel".

Bereite Mittel sind im Wege der Selbsthilfe vorrangig einzusetzende Finanzmittel, die entweder unmittelbar zur Verfügung stehen oder die man sich in angemessener Zeit beschaffen kann.

Insbesondere wäre laut Gericht der ererbte Eigentumswohnungsanteil aber auch dadurch nicht zu einem "bereiten Mittel" geworden, dass der beklagte Sozialhilfeträger ein Darlehen zur Begleichung der Bestattungskosten angeboten hätte. Auf ein solches Darlehen habe sich der Kläger nicht verweisen lassen müssen. Als die beklagte Stadt dem Kläger ein Darlehen zur Begleichung der Bestattungskosten angeboten hatte, hätte die Wohnung für den Kläger als SGB-II-Leistungsempfänger jedenfalls geschütztes Vermögen dargestellt. Über die Frage, ob der Erhalt des Eigentumsanteils an sich als Einkommen hätte angerechnet werden müssen, musste das Gericht nicht mehr entscheiden, da es inzwischen jedenfalls nicht mehr als solches angesehen werden konnte. Bei einer Belegung einer Wohnung mit bis zu zwei Personen seien bis zu 80 Quadratmeter angemessen.

Es wäre nach Auffassung des Gerichts überdies auch widersprüchlich, wenn von dem Kläger nun im Rahmen des § 74 SGB XII verlangt würde, den Wohnungseigentumsanteil zur Deckung der Bestattungskosten seiner Mutter einzusetzen. Denn der Verpflichtete musste diesen zuvor mangels "bereiter Mittel" nicht einsetzen um für sich selbst Leistungen nach dem SGB II zu erhalten.

(Quelle: Aeternitas e.V - Quelle: Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 25.10.2018, Az.: L 8 SO 294/16)